SVZ-Artikel vom 27.05.202

Virtuell in Berlin vorgetanzt

Tanzbegeisterte Initiativgruppe um Benzinerin Claudia Ammann bewirbt sich für „Neulandgewinner“ der Bosch-Stiftung

Zeitung für Lübz-Goldberg-Plau, Franziska Gutt, Benzin

Ein Maitag auf dem Benziner Hof von Bildhauerin Claudia Ammann wie er schöner nicht sein könnte. Der Flieder blüht, die Sonne strahlt und ein leichtes Lüftchen pustet über das grüne Grundstück. Mit frisch aufgebrühtem Tee in der einen und einer kleinen Schüssel Gebäck in der anderen Hand kommt Claudia Ammann aus der Tür und ruft zu Tisch unter freiem Himmel. Es gesellen sich dazu: Schauspieler Peter Neutzling, ihre Tochter Sophie, ebenfalls Schauspielerin, und Musiker Gunnar Wagner. Sie gehören zum kreativen Kern der Initiative, die das Tanzen zurück ins Landleben holen will. Mit dem Projekt „Mein Tanzboden“ bewirbt sich Claudia Ammann um den NeulandGewinn der Robert-Bosch Stiftung.

„Auch wenn wir die Förderung für das Tanzboden-Projekt wirklich brauchen, denke ich, dass wir es in jedem Fall auf die Beine stellen“, so die 65-Jährige. Im Mittelpunkt ihrer langjährigen Idee steht der feste Wunsch, dass in Dörfern der Region wieder regelmäßig getanztwird. Wie vor zwanzig, dreißig Jahren, als es noch regelmäßig entsprechende Anlässe gegeben habe und Landbewohner in steten Abständen vergnügt beisammen waren. Dieses Stück Kultur wünscht sich die Initiativgruppe zurück und plant nicht bloß, neue Tanzfeste zu organisieren, sondern auch die Böden, beispielsweise als mobile Variante, selbst zu kreieren. In Workshops könnten sich Tanzbegeisterte einen eigenen Boden bauen, so ein Teil der Idee.

Zeitung für Lübz-Goldberg-Plau, 27.05.2020

Der erste Antrag ging Anfang des Jahres raus, inzwischen lief der Bewerbungsprozess weiter und die Gruppe um Claudia Ammann tüftelte fleißig an ihrem Konzept. „Die Gruppe ist weiter gewachsen und der Kern wächst weiter zusammen“, sagt die Künstlerin. So ist ihre 31-jährige Tochter Sophie nun persönlich mit anBord. Corona-bedingt kehrte die Wahl-Berlinerin nach Hause zurück, um die unfreiwillige Auszeit für neue Projekte zu nutzen. Sie werde sich immer mehr ihrer Funktion bei „Mein Tanzboden“ bewusst und könne sich vorstellen, später Aufführungen mit inklusiven Charakter zu inszenieren, erzählt die junge Frau. Tatsächlich brachte sie sich von der Aufnahme bis zur Fertigstellung des Bewerbungsvideos fleißig mit ein, welches die Gruppe anstelle eines persönlichen Vorstellungsgesprächs einreichte.

Dieser Film ist auf der Internetseite „meintanzboden.de“ zusehen, die Mitinitiator Gunnar Wagner inzwischen realisierte. „Wir möchten in einem Blog dokumentieren, wie es mit dem Projekt Stück für Stück vorangeht“, sagt er. Er wünsche sich, dass der Internetauftritt interaktiv genutzt wird. „Leute, die Bezug zur Landschaft, zu den Orten und zum Projekt haben, können so Kontakt mit uns aufnehmen“, ergänzt Claudia Ammann.

Letztlich ersetzte das Video, in dem sie und ihre Mitstreiter wirklich tanzend zu sehen sind, einen Besuch in Berlin, der wegen der Krise ausfallen musste.

Das Tanz-Projekt ist bereits in der zweiten Bewerbungsrunde und somit eines von etwa 50 potenziellen Neuland-Gewinnern. Mitte Juni erfolgt dann die Entscheidung, welche 36 Projekte im Juli vor der Jury vorgestellt werden. Schlussendlich werden sieben Ideen, die eine gesellschaftliche Veränderung im ländlichen Raum bewirken könnten, ab 2021 mit
50.000,- Euro gefördert.

Videorundgang

Aufgrund coranabedingten Einschränkungen, die momentan nahezu überall gelten, geht die zweite Runde im Auswahlverfahren für das „Neulandgewinner“ Programm der Robert-Bosch Stiftung virtuell über die Bühne.

Peter Neutzling

Claudia und Sophie stricken gerade unseren virtuellen Rundgang durch das kleine MeinTanzboden Universum.

SDchnitt Sophie Ammann
Schnitt Sophie Ammann

Vorstellungsabend in Benzin

Wir haben uns bei unseren Nachbarn in Benzin vorgestellt. Hier der Artikel von Franziska Gutt aus der SVZ dazu

Zeitung für Lübz-Goldberg-Plau – Montag, 24.02.2020 von Franziska Gutt

Wunsch nach tanzbarem Boden

Tanzen für ein schönes Landleben: Initiativgruppe um Claudia Maria Ammann bewirbt sich für Programm der Bosch-Stiftung

„Tanzen ist gesund, es befreit und ist ein Urbedürfnis der Menschen“, sagt Claudia MariaAmmann auf die Frage, was sie als Steinbildhauerin dazu bewegt, nun das Tanzen auf ländlichem Boden reaktivieren zu wollen. Die quirlige Künstlerin, die nach der Wende ihren Lebensmittelpunkt in Benzin fand, wünscht sich die Zeiten zurück, als im Dorf noch getanzt wurde. Damals, als die Schweizerin ins beschauliche Dorf zog, habe es vor Ort noch einen Festplatz mit Bühne und Tanzplatz gegeben. Doch solche Orte, die regelmäßig zum Vergnügen einluden, verschwanden. „Die Lämpchen sind erloschen“, so Claudia Maria Ammann.

Das will sie ganz bald ändern. „In den Dörfern soll wieder getanzt werden.“ Ammann und ihre Mitstreiter der Initiativgruppe „Hirschblau“planen verschiedene lokale Angebote, um dasTanzen zurück ins Landleben zu integrieren. DieProjektgruppe ist bisher ein unverbindlicherZusammenschluss von kreativen Köpfen aus derGemeinde Kritzow sowie aus Lübz und Umgebung. Die Idee, ein Projekt rund ums Tanzen zu verwirklichen, kam Claudia MariaAmmann vor Jahren. Schließlich holte sie Gleichgesinnte wie den Erfinder Arwed Wetzel, den Musiker Gunnar Wagner und die einstige Neuland-Gewinnerin Angelika Lübcke mit ins Boot. Sie und einige andere, die sich imländlichen Raum zuhause fühlen, wollen im Kleinen etwas bewegen und ein Stück Dorfkultur zurückgewinnen.

„Mein Tanzboden“heißt das Projekt, mit dem sich Claudia MariaAmmann als Hauptinitiatorin für das Neuland-Gewinner-Programm der Robert-Bosch-Stiftung bewirbt. Jene fördert Menschen, die Ideen beisteuern, mit denen die Lebensqualität in ostdeutschen Dörfern verbessert werden kann. Ziel des Neuland-Programms ist eine gesellschaftliche Veränderung vor Ort. Während der Antrag für das Projekt bereits versandt wurde, gestalten die Kreativen die Idee weiter aus. Es geht ihnen nicht allein um das Tanzen und diverse Tanzarten, sondern um den Untergrund, auf dem zukünftig getanzt werden könnte. „In Workshops sollen Böden gebaut werden“, erklärt Ammann im SVZ-Gespräch. Zum Beispiel aus dem momentan anfallenden Schadholz der regionalen Wälder, für das unter anderem der Borkenkäfer verantwortlich ist. Nachhaltigkeit spiele nämlich ebenso eine Rolle. Außerdem der „dezentrale Gedanke“ – dasProjekt könne im Kleinen begonnen werden unddann kreisweit an Bedeutung gewinnen, erzählt die Benzinerin.

Zudem soll ein Kulturbüro als Anlaufstelle für Interessierte und für die gesamte Organisation von „Mein Tanzboden“ eingerichtet werden. Wenn ein transportabler Tanzboden in denWorkshops fertig gebaut wurde, könne dieser anVereine, kommunale Einrichtungen und Dörfer ausgeliehen werden. Zunächst ist die Entscheidung der Jury abzuwarten, ob das Projekt von der Bosch-Stiftung mit 50 000 Euro gefördert wird. Ab 2021 könnte der Wunsch nach lokalen, tanzbaren Böden unter den Füßen Realität werden. „Der Förderzeitraum beträgt zwei Jahre, in dieser Zeit müssen unsere ganzen Pläne umgesetzt werden“, so die Bildhauerin. Dieses Jahr würde sie nutzen, um mit der Idee weiter zu experimentieren. Dazu eigne sich das Sommerfest in Benzin sicher.